Verhöre, Zellenrazzien und Zwangsverlegungen nach Aktion bei der Wohnung von Teilanstaltsleiter Albrecht Zierep

Vor ein paar Wochen haben Aktivist*innen, selbstbezeichnend „Befreiungsfront Tegel“, den Leiter der Sozialtherapeutischen Anstalt (SothA) der JVA Tegel, Albrecht Zierep, besucht, um ihn in seiner Wohnung einzusperren. Mit der Aktion sollte „der Spieß umgedreht“ werden. Zierep, welcher sonst über die Gefangenen herrscht, sollte sich für einen Moment „in der Rolle des Unterdrückten“ befinden. Damit wollten sich die Aktivist*innen solidarisch „mit der Revolte in der SothA und allen Gefangenen, die nicht nach Oben buckeln und nach Unten treten“, zeigen.

Die Reaktion seitens der JVA folgte sofort: mehrere Gefangene wurden verhört, ihre Zellen wurden durchsucht und ein Gefangener wurde sogar innerhalb der JVA zwangsverlegt. Dadurch kann der Eindruck entstehen, Zierep würde innerhalb der JVA wohnen. Wieso sonst sollte die JVA Gefangene für die Aktion kollektiv bestrafen? Laut Bekennerschreiben der „Befreiungsfront Tegel“ wohnt Albrecht Zierep allerdings in der Hornstraße in Berlin – also außerhalb der Anstaltstore.

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Umgestaltung des 18. März – Freiheit für alle!

Im Rahmen des 18. März 2019 gab es bundesweit vielfältige Aktionen für die Freiheit aller Gefangenen. Offensichtlich scheinen viele die Unterscheidung zwischen sogenannten  „politischen“ und „sozialen“ Gefangenen kritisch zu hinterfragen. Im Folgenden eine Auflistung der Aktionen:

Am 18.03.19 und 19.03.19 fanden außerdem einige Prozesse statt. Auch wenn diese kein Grund zur Freude sind, so ist es doch zu mindestens deren Einstellung.

Ärgern darf sich der Staat über die Einstellung des Rheinmetal-Prozesses in Berlin am 18.03.19, des Prozesses gegen den Antifaschisten am 19.03.19  in Flensburg und über den Freispruch im Plakatverfahren am 19.03.19 in Berlin. Diese Menschen müssen vorerst nicht hinter Gittern.

Und egal, wen ihr als nächstes wegsperren wollt: wir bleiben solidarisch mit allen Gefangenen und lassen uns nicht spalten!

 

Knastregeln befolgen in der Hoffnung auf mildere Behandlung oder frühere Entlassung?

Der folgende Bericht von Christian Schliewe, Gefangener der JVA Bützow, zeigt, dass eine totale Anpassung im Knast an vorherrschende Regeln offensichtlich nicht dazu führt, dass der*die Gefangene nicht sanktioniert, repressiv behandelt oder gar früher entlassen wird. Selbst für diejenigen, die in ihrer Haftzeit strategisch denken wollen, sich also zum Beispiel den Regeln und Bediensteten beugen, haben davon oft nicht den Nutzen, den sie sich erhoffen. Im Gegenteil.

Aus dem Bericht geht eindeutig hervor: selbst, wenn sich Gefangene absolut angepasst verhalten, sehen sie sich mit massiver Repression, Erniedrigung und Bestrafung konfrontiert. Auf Dauer macht das viele komplett kaputt. Christian fragt sich mittlerweile, ob nicht genau das auch die Motivation von der totalen staatlichen Institution sein könnte…..

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Aufruf gegen den europäischen Polizeikongress 2019

Überwachung, Cops und Knast – euer Zusammenspiel ist mehr als offensichtlich.

Wir sind mehr, als nur dagegen. Grenzenlos, Selbstbestimmt, Solidarisch.

Wir wollen in einer Welt leben, in der jedes Individuum selbst bestimmen kann, wie das eigene Leben gestaltet wird. Jede*r entscheidet für sich, wann er*sie aufsteht, wie der Tag organisiert oder nicht organisiert wird und wie der Abend enden soll: denn wir wissen selbst, was für uns am Besten ist und was uns gut tut. Unabhängig davon, wo Menschen herkommen, welche Hautfarbe sie haben, welches Geschlecht ihnen zugeschrieben wird, wie sie sich sexuell orientieren, wie sie aussehen oder sich kleiden, wie alt sie sind… all die begrenzten und auf Spaltung orientierten Kategorien, die wir mal gekannt haben, sind unwichtig geworden – denn wir allein entscheiden, wer wir sein wollen und wer wir sind. Gleichzeitig leben wir nicht isoliert voneinander, sondern kollektiv. Wir bauen solidarische Gemeinschaften auf, wir achten auf uns und auf die Bedürfnisse anderer, jede*r wird respektiert, und kann sich innerhalb des Kollektivs frei entfalten. Kapital und Herrschaft sind Werte, die wir mal gekannt haben, aber jetzt keine Rolle mehr spielen. Die Welt gehört uns allen. Wir können hingehen, wo wir wollen, wir ermöglichen, kreieren und stellen her, was wir brauchen, wir geben und nehmen entsprechend unserer und aller anderen Bedürfnisse. Jede enge vertraute Beziehung, die wir in der alten Welt gelebt und in der wir uns gegenseitig unterstützt haben, ist ein Beispiel für unsere neue bessere Welt.

Diese Welt, die wir uns vorstellen, ist den derzeitigen Verhältnissen allerdings ein Dorn im Auge. Aktuell werden wir mit massiv zunehmender Überwachung, Kontrolle, offensichtlich präsenten Gesetzeshüter*innen und staatlicher Bestrafung konfrontiert. Das ist auch nur logisch: in einer Welt, in der eben nicht Selbstbestimmung, Grenzenlosigkeit und Solidarität, sondern Herrschaft und Kapital die schützenswertesten Güter sind, braucht es auch bestimmte Mittel und Instrumente, diese stetig zu verteidigen. Überwachung durch Kameras an öffentlichen Plätzen, die permanente Speicherung und Verbreitung unserer Daten und Personalien, DNA-Abnahme, ED-Behandlungen, ein ausgebauter Justizapparat: diese und viele weitere Mittel brauchen Staat, Herrschaft und kapitalistische Verhältnisse, um ein System aus Ausbeutung, Unterdrückung und Unterwerfung aufrechtzuerhalten.

Eine sehr große Rolle bei der Aufrechterhaltung des derzeitigen Systems spielt dabei die Polizei. Wenn wir für eine Welt ohne Kapital und Herrschaft kämpfen, müssen wir uns auch jederzeit gegen diejenigen stellen, die kapitalistische, hierarchische und autoritäre Verhältnisse verteidigen. Dies scheint noch einmal dringender, wenn wir die Entwicklung der neuen Polizeigesetze, welche die Überwachungskompetenzen ausbauen und die immer mehr öffentlich sichtbar werdenden faschistischen Strukturen im Sicherheitsapparat der BRD verfolgen. Aber auch gesamt-europäisch geht die Richtung klar hin zu absolut autoritären, faschistischen Staaten, welche schon längst klar definiert haben, wer in ihrer Ordnung keine Platz hat: Obdachlose, Migrant*innen, Nicht-Regierungsorganisationen, Geflüchtete, Nicht-Weiße, Menschen mit wenig oder ohne finanzielle Mittel, Anti-Autoritäre. Wir wurden in Kategorien eingeteilt und einige, nicht wenige, sollen aufgrund ihrer zugeschriebenen Rolle von der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Zuerst wirst du überwacht, dann stehen die Cops vor deiner Tür oder kontrollieren dich im Park… und dann?

Schon seit einigen Jahren setzen die Repressionsbehörden auf eine präventive Abwehr von allen möglichen Gefahren für das vorherrschende System. Gleichzeitig werden auch stetig neue Gesetze entworfen und Technologien entwickelt, um die Überwachung und das Wegsperren von unangepassten Menschen noch effektiver zu machen. Gefährlich werden jede Gruppierung und Einzelperson, welche durch ihre Handlungen den herrschenden Verhältnissen ein Dorn im Auge sind. In einer Welt, die nach der Logik des Kapitals und der Herrschaft funktioniert, wundert es deswegen nicht, dass die meisten Gefangenen wegen Kapital- Eigentums- und Wirtschaftsdelikten hinter Gittern verwahren müssen. Aber auch diejenigen, welche aus anderen Gründen sitzen müssen, haben vorherrschende Regeln innerhalb derzeitiger Verhältnisse gebrochen und sind dementsprechend für die Herrschaft gefährlich. Durch die Mittel der Disziplinierung, maximalen Kontrolle, Überwachung und Repression sollen sie durch die staatliche Institution Knast gezwungen werden, sich innerhalb der miesen Umstände, in denen sie leben, aus denen sie kommen und die sie draußen auch wieder erwarten, zu leben. Sie sollen sich nicht beschweren, sollen sich nicht wehren und an Regeln, die von oben auferlegt worden sind, halten. Unabhängig ihrer Bedürfnisse, Ideen, Werte, Haltungen und Vorstellungen vom Leben. Die Mehrheit draußen soll durch Knast vor allem abgeschreckt, zur Anpassung oder zum Schweigen gezwungen werden und staatliche Macht akzeptieren.

Das Zusammenspiel zwischen Überwachung, Cops und Knast also mehr als logisch: um uns die Welt, wie wir sie uns vorstellen, nicht zu ermöglichen, um jede Selbstbestimmung, Solidarität und Grenzenlosigkeit zu brechen.

All diejenigen, die sich also eine andere Welt, unabhängig von Kapital und Herrschaft, vorstellen, die selbst entscheiden wollen, wie sie ihr Leben gestalten und kollektive, solidarische Beziehungen ohne irgendwelche von oben auferlegten Kategorien verwirklichen wollen, rufen wir dazu auf, an der Demonstration gegen den europäischen Polizeikongress teilzunehmen. Lasst uns die Diskussionsplattform für Vertreter*innen der Polizei und Sicherheitsbehörden, sowie den als Industrieausstellung für die neuesten Waffen und Überwachungstechnologien fungierenden Kongress nicht ohne Protest begleiten. Seit laut und wütend! Zeigt dem Justizapparat, was ihr von der europäischen Standardisierung der Überwachung und Verfolgung von Unangepassten und politischen Gegner*innen, den konstruierten Kategorien in ‚kriminell‘ und ‚nicht kriminell‘, der Intensivierung des Schutzes der europäischen Außengrenzen, der Bestrafung jeglicher Fluchtunterstützung und ‚smarter‘ Kriminalitätsbekämpfung durch ‚intelligente‘ Videoüberwachung und künstliche Intelligenzen haltet. Auf der Demonstration am 16.02.19 um 17 Uhr Frankfurter Tor und natürlich auch danach. Jeden Tag, auch in der Nacht und kreativ.

Mehr zum Protest gegen den Polizeikongress findet ihr hier.