Update Unternehmen

Seit unserer Veröffentlichung über die Unternehmen, welche in der JVA Reinickendorf produzieren lassen, haben wir die Zeit genutzt, um mit den Unternehmen in Kontakt zu treten. Hier eine kurze Zwischenbilanz:

MYKITA streitet ab, in der JVA Reinickendorf produzieren zu lassen (letzte Produktion dort wohl 2016). Wir haben die Gefangenen nochmals gefragt, was sie für MYKITA herstellen. „Optikersachen und Werbematerial“, so ihre Antwort. „Beweisen“ können wir das bis jetzt noch nicht, wir arbeiten aber daran. Bis dahin könnt ihr euch eure eigenen Gedanken machen, wen mensch Glauben schenken will….
– mit X-PRESS haben wir ein Gespräch am 24.08.18. Wir werden dann berichten.
– Schlussendlich haben wir am meisten Kraft und Zeit für das Unternehmen Paprcuts investiert. Sie baten uns, gleich nach der Veröffentlichung unseres Schreibens an sie, ein Gespräch an. Wir haben dann wochenlang hin- und hergemailt, telefoniert usw: für nichts.
Jetzt, nachdem es immer noch nicht zu einem Treffen gekommen ist, hat uns Paprcuts eine Stellungsnahme geschickt. Diese sollen wir, so Paprcuts, nicht veröffentlichen. Weil wir es allerdings wichtig finden, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wie sich Paprcuts zu Knastarbeit positioniert, werden wir ein paar Auszüge aus der Stellungsnahme vorstellen:

„wir empfinden das Schreiben der GG/BO als überaus konfrontativ und zweifeln an, dass hier ein konstruktiver Dialog möglich sein wird. Daher möchten wir uns ungerne in das Zentrum dieses Dialoges stellen lassen und uns für die Forderungen von der Gefangenengewerkschaft öffentlich instrumentalisieren lassen. Bisweilen sind wir allerdings davon überzeugt, dass wir uns mit der Vergabe von Aufträgen an den Strafvollzug sozial engagieren. Wir sehen eine regelmäßige Arbeit als einen sehr wichtigen Resozialisierungs-Faktor. Dazu stehen wir und machen das auf unserer Seite öffentlich. In allgemeinen Anfragen zur Gefängnisarbeit möchten wir die BB/GO bitten, sich direkt an den Senat von Berlin zu wenden. (…)
Nach Erhalt des Schreibens der GG/BO haben wir uns selbstverständlich nochmals intensiver Gedanken gemacht und haben als Resultat eine Abfrage an die Frauen initiiert, die für uns im Vollzug tätig sind. Das Ergebnis ist sehr positiv ausgefallen. Die Frauen arbeiten gerne für uns (…). Sie haben durch uns die Möglichkeit, sich sinnvoll zu beschäftigen und etwas Geld zu verdienen. Sie wären traurig, wenn die Zusammenarbeit mit uns beendet werden würde.Das bestätigt uns mehr als alles andere, weiterhin Aufträge an den Vollzug zu vergeben.“

Anscheinend hat Paprcuts nicht begriffen, dass jedes Handeln politisch ist. Wenn Menschen ausgebeutet werden, muss es auch immer Ausbeuter*innen bzw. Profiteur*innen geben, Ausbeutung und Kapitalismus sind also nicht einfach nur Begriffe, die losgelöst sind vom Menschen, im Gegenteil: sie werden von Menschen gemacht, produziert und reproduziert. Es geht uns also nicht darum, das Unternehmen für unsere Zwecke zu instrumentalisieren, sondern Profiteur*innen von Knastarbeit direkt zu benennen und ihnen zu begegnen. Unserer Meinung nach haben wir gar keine andere Möglichkeit, wenn wir die Verhältnisse verändern wollen. Der Verweis von Paprcuts, dass wir den Berliner Senat kontaktieren sollen, stellt für uns nur eine Zuständigkeitsabgabe dar. Offensichtlich will Paprcuts keine Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen, sondern zeigt lieber auf eine höhere Stelle. Diese Art und Weise ist uns aber zuwider.

Dass Paprcuts wirklich noch daran glaubt, dass ihre Arbeit im Knast etwas Soziales ist, kaufen wir ihnen ebenfalls nicht ab. Bis vor Kurzem noch hat das Unternehmen öffentlich auf ihrer Website damit geworben, Knastarbeit zu betreiben. Checkt gerne mal die Homepage: fast alles zur Knastarbeit wurde rausgenommen, die JVA Reinickendorf wird nicht mehr als Produktionsort benannt.
Vielmehr kann mensch jetzt nurnoch lesen: „Wir lassen einen kleinen Teil unserer Kollektion in einer Justizvollzugsanstalt in Berlin produzieren. Denn wir glauben an ihren Resozialisierungscharakter.“
Begriffen hat Paprcuts also auch nicht, dass es sich bei der Ausbeutung von Gefangenen nicht um eine Glaubensfrage handelt, sondern um einen Fakt, der nicht zu diskutieren ist. Unabhängig davon, ob wir Resozialisierung begrüßen oder nicht, ist mittlerweile einschlägig bekannt, dass im Knast keine*r resozialisiert wird. Wie soll auch ein Hungerlohn von 1-2 Euro die Stunde resozialisierend wirken?

Schlussendlich fragen wir uns, über wen oder was die oben genannte Abfrage initiiert wurde? Wir wissen ja nicht, wie Paprcuts an Infos aus dem Knast kommt, wir bevorzugen direkten Kontakt mit Gefangenen. Nach unseren Gesprächen mit den Frauen sind sie keineswegs von der Arbeit überzeugt, im Gegenteil: sie schreiben uns, dass sie (u.a.) von Paprcuts ausgebeutet und auf Qualität und Pensum getrimmt werden. Erst durch die Initiative der gefangenen Frauen haben wir also die Ausbeutung durch Paprcuts öffentlich gemacht. Deswegen liegt die Vermutung nahe, dass ihre „Abfrage“ eher der JVA selbst, als den Gefangenen galt.

Wir bleiben auf jeden Fall dabei: es ist wichtig, Unternehmen zu benennen, ihnen zu begegnen und sich zu wehren. Paprcuts ist nicht einfach nur ein Unternehmername. Es hat einen Standort und Menschen, die dafür (draußen) arbeiten. Und genau diesen Standort und diesen Personen ist es wichtig zu begegnen.
In Paprcuts Fall haben sich die Personen einer Begegnung mit uns verwehrt. Es bleibt der Standort, dem begegnet werden kann.

Kurzmitteilung aus Mecklenburg-Vorpommern

Es ist schon eine Weile her, da forderten die Gefangenen aus der JVA Bützow und der JVA Stralsund eine Erhöhung des Lohns, weil dieser massiv eingebrochen war. Wir berichteten damals darüber.

Mit dieser Forderung machten die Gefangenen aber nicht Halt. Sie entschlossen sich, juristisch gegen den Hungerlohn (als Verfassungsbeschwerde) vorzugehen. Nun wollen sie das Bundesverfassungsgericht zu einer Entscheidung drängen – diesem liegt ihre Verfassungsbeschwerde vor.

Wir werden den weiteren Verlauf abwarten und berichten, sobald Entscheidungen vorliegen.

Den Gefangenen aus Mecklenburg-Vorpommern senden wir hiermit nochmal solidarischen Grüße! Wir freuen uns, dass ihr gemeinsam und entschlossen kämpft.

Kurzmeldung: auch MYKITA und X-PRESS sind nun zum Dialog mit uns bereit.

Kurzmeldung: Auch MYKITA und X-PRESS sind jetzt bereit, mit uns in den Dialog zu treten. Beide Unternehmen profitieren von der Knastarbeit in der JVA Reinickendorf, weswegen wir ihnen vor Kurzem einen offenen Brief zukommen lassen haben.

Auf diesen reagierte nur das Unternehmen Paprcuts. Die anderen Unternehmen ließen nichts von sich hören.

Jetzt haben sich MYKITA und X-Press doch noch gemeldet.
Ob das mit der Plakatieraktion der Aktivist*innen zun tun hat…?
Wie auch immer…. sobald Gespräche stattgefunden haben, informieren wir euch über die Ergebnisse.

Kurzmitteilung : Paprcuts ist zu Dialog mit uns bereit

Das Unternehmen Paprcuts ist bereit, mit uns in den Dialog zu treten. Wir sind gespannt, was ein Gespräch bringen kann und halten euch auf dem Laufenden.

Vorab können wir aber schonmal mitteilen, dass die Arbeit in der JVA Reinickendorf für die Frauen wohl weniger geworden ist. Wir werten das als ersten Teilerfolg. Unsere Forderungen bleiben aber ganz klar: zahlt den Gefangenen Mindestlohn oder stellt eure Arbeit in den Knästen sofort ein!

Unternehmen zur Rechenschaft ziehen

Vor Kurzem haben wir erfahren, wer unter anderem in der JVA Reinickendorf produzieren lässt. Wir finden es wichtig, die uns bekannten Unternehmen öffentlich zu machen. Gleichzeitig sind wir auch bereit, mit ihnen in den Dialog zu treten.
Deswegen haben wir X-Press, Gallery Print, MYKITA und frilu einen Brief zukommen lassen, in dem wir Antworten auf unsere Fragen fordern. Diese Unternehmen profitieren still und heimlich von der Ausbeutung an Gefangenen.
Anders ist es bei Paprcuts. Dieses Unternehmen wirbt öffentlich damit, Gefangene in der JVA Reinickendorf zu beschäftigen, verkauft es aber als „soziales Projekt“. Das fanden wir nun wirklich super dreist, weswegen sie einen anders formulierten Brief von uns erhielten. Auch dieses Unternehmen fordern wir auf, Stellung zu beziehen.

Es ist wichtig, Akteur*innen der Ausbeutung zu benennen. Solange wir darüber schweigen, welche konkreten Unternehmen und Einzelpersonen aktiv daran mitwirken, Menschen zu diskriminieren, stigmatisieren und ihnen nur einen Hungerlohn auszuzahlen, nehmen wir diesen Zustand hin. Das werden wir aber nicht.
Unsere Veröffentlichung der Unternehmen ist als erster Schritt zu verstehen, Ausbeuter*innen zu benennen, zu begegnen und uns zu wehren. Weitere Schritte können und sollten folgen.

Telefone funktionieren nicht, vermehrter Einschluss, Repression gegen aktive Gewerkschaftler – das ist Resozialisierung in der JVA Neumünster

Die Telefonkosten für Gefangene sind erheblich teuer als die Preise, die Menschen draußen fürs telefonieren ausgeben. Deswegen haben etliche Gefangene bei der JVA Neumünster Beschwerden gegen die viel zu hohen Telefonpreise eingereicht. Anstatt aber die Preise zu senken, reagiert die JVA Neumünster auf eine andere Art: vier von sieben Tagen funktionieren die Telefone gar nicht, sind also komplett abgeschaltet, und an an den Tagen, an denen sie „funktionieren“, wurden die Telefonzeiten stark begrenzt.
Die Beschwerden der Gefangenen waren klar formuliert: sie forderten eine Senkung der Preise, nicht das Ausschalten oder die Begrenzung der Telefone. Deswegen können wir die Reaktion der JVA nur als absolute Schikane, aber auch als repressive Maßnahme werten.

Gleichzeitig vermehrt sich nämlich auch wieder der Einschluss in der JVA Neumünster. Seit drei Tagen sind die Gefangenen durchgehend eingeschlossen, davor waren sie es aber auch schon vermehrt, also immer für mehrere Stunden, an denen sie eigentlich aufgeschlossen hätten werden müssen.
Begründet wird der Einschluss durch die JVA mit „Personalmangel“. Ein aktiver Gewerkschaftler aus der JVA Neumünster erklärt, wie es zu diesem Mangel kommen kann:
„Seit das Wetter schöner geworden ist, verbringen die Beamten anscheinend lieber ihre Zeit draußen, als dass sie uns aufschließen.“
Eben dieser Gefangene hat sich von der JVA auch sagen lassen müssen, dass seine Lockerungen entzogen werden, wenn er seine Tätigkeiten innerhalb der GG/BO nicht aufgibt.

Es ist also offensichtlich: die JVA reagiert mit massiver Repression, um die Gefangenen klein zu halten. Der Kontakt nach draußen wird durch die eingeschränkte Telefonnutzung unterbunden, die Organisierung im Knast durch den vermehrten Einschluss ebenfalls. Gefangenen, welche sich aktiv engagieren, wird mit dem Entzug von Lockerungen gedroht. Das ist Resozialisierung in der BRD: Menschen zu einem angepassten Verhalten zwingen, sie mundtot machen, Widerstand brechen.
Nicht mit uns! Wir werden die Gefangenen weiterhin bei ihren Kämpfen unterstützen und bereiten nächste Schritte vor.

Aktualisierung: Änderung des Beitrags vom 10.06.18 aufgrund Repression in JVA Reinickendorf

Leider mussten wir unseren letzten Beitrag löschen. Nachdem der Beitrag nur 15 Stunden online war, mussten die Frauen in der JVA Reinickendorf an der Repression leiden. Folglich haben wir den Brief der Frauen abgetippt, damit nicht mehr zu erkennen ist, wer das Schreiben verfasst hat. Einige Zeilen wurden ebenfalls, aufgrund der Repression durch Bedienstete, raus genommen.

„Petition gegen die Missstände im Frauen Vollzug JVA Berlin Reinickendorf

Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass wir hier wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden, wie Menschen ohne Rechte. Wir Inhaftierten sind generell in den Augen der Beamten neurotische Lügner und Betrüger. Vormelder werden nicht beantwortet, es fühlt sich auch nie jemand für etwas verantwortlich was Entscheidungen über Lockerungen angeht. Wenn dich deine Familie draußen unterstützt oder du sie unterstützen willst, wird das unterbunden. Sanktionen werden hier willkürlich entschieden und nicht am Strafvollzugsgesetz orientiert. Beamte erinnern sich auch nie an Gespräche/Absprachen. Keine Resozialisierung, hast du Arbeit oder eine Maßnahme/Ausbildung wird dieses Arbeitsverhältnis bei der kleinsten Unstimmigkeit abgebrochen und sanktioniert. Wir wollen darauf aufmerksam machen und etwas bewegen. Es wird mit zweierlei Maß gemessen und es geht nach Sympathie. Du bist hier kein Mensch, nur eine Nummer. Der psychologische Dienst ist schlecht, sie ist ständig krank, im Urlaub, vergisst ihre Termine, aber du sollst intensiv mit der Psychologin arbeiten, was nicht geht und dir wieder negativ ausgelegt wird. (…) Die Schere zwischen Recht und Unrecht geht zu weit auseinander. Dafür unterschreiben wir.“

Diese Petition haben 17 Frauen aus der JVA Reinickendorf unterschrieben. Nach unserem Wissensstand trauten sich weitere 17 Frauen nicht, die Petition zu unterzeichnen. 26 ehemalige Gefangene aus der JVA Reinickendorf stimmen der Petition zu.

Dass Gefangene wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden, ihre Belange kein Gehör finden und unter dem Knastsystem, verbunden mit der Willkür der Bediensteten, leiden, verwundert leider zunächst erstmal nicht. Knast ist dafür da, Menschen aus der Gesellschaft auszuschließen, sie aber auch zu einem angepassten Leben zu zwingen. Die Moral dieser Gesellschaft und Politik: wenn du nicht parierst, wirst du bestraft. Also pass dich lieber an, lass dich ausbeuten, ackere für einen Hungerlohn, sei immer freundlich, zuvorkommend und nett zu den Menschen, die in dieser Gesellschaft über dir stehen, beschwere dich nicht und halt die Füße still. Disziplinierung auf höchstem Niveau. Wenn du dann Glück hast, wirst du vielleicht auch mal belohnt – aber falls doch nicht, darfst du dich darüber auch nicht ärgern oder gar rebellieren, sondern sollst es stillschweigend akzeptieren.

Auf diese, von Oben vorgegebene, Moral haben wir keinen Bock – und die Frauen aus der JVA Reinickendorf auch nicht!

Solidarität mit den Frauen aus der JVA Reinickendorf

Gefangene und Sicherungsverwahrte sollen nun in die Rentenversicherung einbezogen werden. Dass freut uns natürlich, aber die Frauen aus der JVA Reinickendorf wollen aufzeigen, dass in den Knästen trotz dessen noch viel zu viel schief läuft.

An dieser Stelle war eine Ablichtung der Petition der Frauen aus der JVA Reinickendorf. Diese mussten wir leider löschen, siehe Beitrag vom 11.06.2018.

Dass Gefangene wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden, ihre Belange kein Gehör finden und unter dem Knastsystem, verbunden mit der Willkür der Bediensteten, leiden, verwundert leider zunächst erstmal nicht. Knast ist dafür da, Menschen aus der Gesellschaft auszuschließen, sie aber auch zu einem angepassten Leben zu zwingen. Die Moral dieser Gesellschaft und Politik: wenn du nicht parierst, wirst du bestraft. Also pass dich lieber an, lass dich ausbeuten, ackere für einen Hungerlohn, sei immer freundlich, zuvorkommend und nett zu den Menschen, die in dieser Gesellschaft über dir stehen, beschwere dich nicht und halt die Füße still. Disziplinierung auf höchstem Niveau. Wenn du dann Glück hast, wirst du vielleicht auch mal belohnt – aber falls doch nicht, darfst du dich darüber auch nicht ärgern oder gar rebellieren, sondern sollst es stillschweigend akzeptieren.

Auf diese, von Oben vorgegebene, Moral haben wir keinen Bock – und die Frauen aus der JVA Reinickendorf auch nicht!

!Eilmeldung!

„Justizministerkonferenz beschließt Einbeziehung von Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in gesetzliche Rentenversicherung

Auf Initiative von Berlin hat die Justizministerkonferenz am 07.06.2018 beschlossen, dass die Einbeziehung von Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in die gesetzliche Rentenversicherung sinnvoll ist.
Das Bundesjustizministerium wurde gebeten, sich beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales für eine entsprechende Änderung des SGB VI einzusetzen. Dazu erklärt Justizsenator Dr. Dirk Behrendt: ‚Nach über 30 Jahren Diskussionen haben wir heute Rechtsgeschichte geschrieben. Wir anerkennen die Arbeit der Gefangenen und gleichen die Lebensverhältnisse hinter den Mauern denen draußen an. Nun ist es an den beiden sozialdemokratischen Bundesministerien, diesen Beschluss der Länder mit Leben zu füllen.‘

Durch die Einbeziehung von Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in die gesetzliche Rentenversicherung kann ein eventueller Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zwar nicht ausgeschlossen werden, regelmäßig könnte aber der Bedarf gemindert werden. Insbesondere könne verhindert werden, dass ein gegebenenfalls bestehender Erwerbsminderungsschutz aufgrund der Zeit im Strafvollzug verloren geht. Betroffen wären davon nur Gefangene und Sicherungsverwahrte, die arbeiten.“

Wir freuen uns extrem, dass die Rentenfrage nun endlich, seitens der Justizministerkonferenz, positiv beantwortet wurde. An Behrendts Aussagen müssen wir allerdings trotzdem ein paar Korrekturen vornehmen:
* es wurde seit 1977 darüber diskutiert, ob Gefangene in die Rentenversicherung einbezogen werden sollen, dementsprechend sind es mittlerweile 41 Jahre Diskussion
** die Lebensverhältnisse sind erst angeglichen, wenn Gefangene auch einen Mindestlohn erhalten!
*** „ein eventueller Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei der Erwerbsminderung könnte noch mehr ausgeschlossen werden, wenn die Gefangenen Mindestlohn erhalten würden.

Veranstaltungsankündigung: Knäste abschaffen! Erzählungen von Alltag und Widerstand in Haft.

„Eine Gesellschaft verroht viel mehr durch die gewohnheitsmäßige Anwendung von Strafen als durch das gelegentliche Vorkommen von Verbrechen.“

Es ist leicht, sich eine Welt ohne Atomtransporte und Nazis vorzustellen, aber in einer Welt ohne Knäste und Strafe – so glauben viele – brechen Chaos und Lynchjustiz aus. Die Vorstellung, dass Knäste uns vor den schweren Gewaltverbrecher*innen beschützen, ist gesellschaftlich – und sogar teilweise immer noch innerhalb der linksradikalen Szene/Bewegung – anerkannt.
So ganz geht dieses Konzept von Schutz durch Strafe aber nicht auf: und dafür ist Julia Pie ein gutes Beispiel. Die Aktivistin saß im Februar 2018 im Knast, weil sie sich weigerte, für den Tortenwurf auf Beatrix von Storch im November 2016 eine Geldstrafe zu zahlen. In ihrem Vortrag möchte sie mit den bekannten Knast-Mythen aufräumen und Fragen, welche viele von uns beschäftigen, beantworten.
Wie sieht der Alltag hinter Gittern aus? Wozu dienen Knäste und Strafe wirklich? Warum gehören auch Nazis und Mörder*innen nicht hinter Gitter? Welche Widerstandsmöglichkeiten gibt es innerhalb und außerhalb der Mauern? Wie könnte eine Gesellschaft ohne Knäste aussehen?
Ergänzt wird der Vortrag durch Ausschnitte aus Knasttagebüchern, praktischen Tipps für zukünftige Gefangene und Raum für Diskussionen.
Außerdem wird sich die Soligruppe Berlin der GG/BO vorstellen und darstellen, wie sich in den letzten vier Jahren eine Organisation innerhalb der Knäste aufgebaut hat, welche sich selbstorganisiert und kollektiv gegen die anstaltsinterne Repression, die Arbeits- und Lebensbedingungen und manchmal auch generell gegen Knäste wehrt.

Siehe auch: Interview mit Julia Pie, Julias Knast-Tagebuch und Infos zur GG/BO.