Den folgenden kurzen Bericht erhielten wir von Andreas Bach. Er schreibt über einen arabisch sprechenden Gefangenen, welcher alltäglichen institutionellen Rassismus ausgesetzt ist. Den Gefangenen haben wir anonymisiert.
„Der Vollzug und insbesondere das G-Haus wurde mehrfach gebeten, dem Gefangenen ein Wörterbuch zu besorgen, da dieser nur arabisch spricht. Dem sehr jungen Gefangenen ist bis heute keines ausgehändigt worden. Anträge oder gar Taschengeldanträge kann dieser Inhaftierte nicht selbst stellen, da kommt es schonmal vor, dass kein Taschengeld vorhanden ist. Hilfe erhält dieser oft nur durch andere Inhaftierte. Deutschkurse werden angeboten, doch der Inhaftierte wird davon ausgeschlossen (…). Dolmetscher werden erst gar nicht bestellt – ‚dies können doch Inhaftierte vollziehen‘! (…) Auch eine Hausordnung ist nur auf deutsch vorhanden, Arbeit erhält er nicht und somit heißt es: allein gelassen. “
Für den Gefangenen gibt es somit keine Verständigungsmöglichkeiten zwischen ihm und den Wärter*innen. Er ist auf die Unterstützung durch andere Gefangene angewiesen. Den Knast juckt das wenig, im Gegenteil. Es gilt das Prinzip „Weggesperrt und Basta!“, so Andreas. In dem Zusammenhang wird nicht mal auf grundlegende Bedürfnisse eingegangenen:
„Seit zwei Monaten bettelt er nach Schuhen, denn er hat keine. Die JVA Bützow hat jedoch diese Anträge (die andere für ihn stellen mussten) bis heute nicht bearbeitet und so muss er regelmäßig in Badeschlappen in die Freistunde, und dies bei kalter Jahreszeit.“
Rassismus und Faschismus sind laut Andreas bei den Justizangestellten Normalität. Schwarze, People of Color, Migranten und als Ausländer gelesene Menschen werden in diesem Knast „allgemein benachteiligt behandelt“.
Knast und der gesamte Justizapparat sind vom Prinzip her schon faschistische Institutionen: es werden diejenigen weggesperrt, welche vorherrschende Regeln brechen, eine andere Meinung haben, durch z.B. Äußerlichkeiten nicht der konstruierten weißen deutschen Norm und durch Verhalten und Klassenzugehörigkeit nicht der Elitegesellschaft entsprechen. Das bedeutet auch, dass besonders die Menschen verfolgt werden, welche nicht ins vorgegebene gesellschaftliche Bild passen. In der BRD wird Rassismus u.a. von der parlamentarischen Seite stetig offener zur Schau gestellt und ausgetragen. Das wirkt sich logischerweise auch auf staatliche Institutionen wie Knast aus.
Wer Menschen wegsperrt, die Schlüssel der Zellen in den Händen hat oder in den zuständigen Knastbehörden sitzt, muss es auch geil finden, Menschen zu erniedrigen und ihnen jede Selbstbestimmung zu nehmen. Justizknechte aller Art verteidigen nicht nur diesen Staat. Sie sind auch verantwortlich für die Schaffung eines Systems, welches auf Unterdrückung beruht.
Ohne sie kann sich ein kapitalistischer, patriarchaler und faschistischer Staat nicht aufrechterhalten. Deswegen gibt es im gesamten Justizapparat viele Faschist*innen, welche ihren Arbeitsplatz dafür nutzen, ihre Ideologie Praxis werden zu lassen.
Als gesamte linksradikale Szene haben wir es bis heute nicht geschafft, dem Faschismus tatsächlich etwas entgegenzusetzen. Überall können wir beobachten, wie er gedeiht, stetig wächst und sich immer mehr ausbreitet. Vor allem das „beobachten“ ist dabei das größte Problem. Wir wollen nicht mehr zusehen, wir wollen uns dagegen wehren.
Wir wissen, dass der gesamte Justizapparat mit vielen Faschist*innen besetzt ist. Was wir dagegen tun können, ist sie zu benennen und gegen sie zu agieren. Wenn ihr also von faschistischen Justizschweinen wisst, schreibt uns gerne Namen und was ihr sonst noch so wisst!
Übrigens: Das Justizministerium in Mecklenburg Vorpommern hat vor Kurzem die JVA Bützow besucht und sich über die (öffentlich gemachten) Verhältnisse im Knast beschwert. „Wir können uns keine publicity mehr erlauben, die auf ihren Schultern lastet und stetig ihre Inkompetenz widerspiegelt.“, so das Justizministerium zur Anstalts- und Hausleitung. Nach Berichten von Gefangenen sind seitdem einige Wärter*innen besonders freundlich uns handzahm zu den Gefangenen. Das bedeutet nicht, dass wir es befürworten, mit dem Justizministerium irgendwie zusammen zu arbeiten oder auf Wohlwollen der Behörden zu hoffen. Aber es zeigt, dass das Personal in Knästen in der Knechtschaft des Justizministeriums steht und dieses Angst vor (öffentlichen) Druck hat. Das kann genutzt werden.