Infoveranstaltung in Rostock und Demonstration in Neumünster: Ein Rückblick, der uns Kraft für weiteres gibt.

Im Folgenden eine Auswertung unserer letzten beiden Ausflüge nach Rostock und Neumünster. Unsere dort gesammelten Erfahrungen lassen uns rückblicken, was gut und schlecht gelaufen ist. Aus allen Erfahrungen sammeln wir Kraft für weiteres.

Veranstaltung in Rostock auf dem Wagenplatz

Danke an alle, welche die Infoveranstaltung am 04.08.19 in Rostock ermöglicht haben und danke auch an alle Besucher*innen! In Rostock auf dem Wagenplatz stellten wir die Kämpfe der GG/BO aus der JVA Bützow vor, etwa 25 Interessierte nahmen an der Veranstaltung teil. Für uns zeigte sich spätestens nach der Veranstaltung, dass die Kämpfe der Gefangenen im Raum Rostock nicht nur angekommen sind, sondern Aktivist*innen auch Lust haben, die Gefangenen bei ihren Kämpfen zu unterstützen. So stellten die Interessierten mehrere Fragen, viele hatten aber auch schon einen guten Überblick über die Verhältnisse in der JVA Bützow. Sehr gefreut haben wir uns über die vor Ort ausliegenden Postkarten und ein Transparent, welches für die Gefangenen in Bützow gemacht worden ist (Bilder). Insgesamt waren wir mit der Veranstaltung sehr zufrieden und freuen uns, dass sich in Roststock Menschen gefunden haben, welche Knast genauso scheiße finden wie wir und deswegen bereit sind, sich gegen die Zwangsinstitution zu wehren und sich mit den kämpfenden Gefangenen zu solidarisieren.

Demonstration und Kundgebung in Neumünster

Transparent auf der Kundbeung „Am Großflecken“

In Neumünster begannen wir am 10.08.19 mit etwa 20 Menschen eine Kundgebung am Platz „Großflecken“. Die Anzahl der Teilnehmenden hat uns deswegen auch so sehr gefreut, weil selbst in Berlin zu einer Anti-Knast Kundgebung manchmal nur mit 10-15 Teilnehmenden zu rechnen ist. Für einen im Vergleich so kleinen Ort wie Neumünster ist also die Anzahl der Demonstrierenden für uns ein voller Erfolg. Redebeiträge von Gefangenen, uns als Soligruppe und dem abc Flensburg machten auch offensichtlich Passant*innen auf das Thema aufmerksam. So stellten viele Vorbeilaufende Fragen zum Knast und unsere Haltung dazu. Zu unserer Überraschung zeigten sich viele von ihnen solidarisch. Heißt, sie fanden die Motivation unserer Kundgebung „Knäste abschaffen, Freiheit für alle“ sinnvoll und wünschten uns und den Gefangenen viel Erfolg bei unseren Kämpfen. Dass Knäste scheiße sind ist nicht einmal in der linksradikalen Szene Konsens – deswegen freute es uns um so mehr, dass Vorbeilaufende interessiert am Thema waren und uns positiv zusprachen. Eine Passantin schloss sich unserer nachfolgenden angemeldeten Demonstration zum Knast sogar an und nahm auch an der Kundgebung vorm Knast und der nachfolgenden Sponti um den Knast herum teil.

Transparent auf der Kundgebung

Die Kundgebung und Demo zum Knast wurde unsererseits widerwillig angemeldet, weil wir im Vorfeld von der Stadt Neumünster nach der Veröffentlichung unseres Aufrufs angeschrieben worden sind, dass wir keine Spontandemonstration machen dürften. Seit neustem werden in Schleswig-Holstein bei unangemeldeten Demos und Kundgebungen Teilnehmende mit einer Ordnungswidrigkeit bestraft, dementsprechend folgt ein Ordnungsgeld. Unser Ziel war es jedoch, dass möglichst viele an der Kundgebung und Demo teilnehmen können, weswegen wir beide kurzerhand noch anmeldeten. Die Anmeldung ist allerdings alles andere als widerspruchsfrei.

Knast und Staat abzulehnen bedeutet auch, sich den ihnen vorgegebenen Regeln nicht zu beugen. Die Kommunikation mit den ausführenden Organen des Staates und die Befolgung seiner Regeln (wie zum Beispiel eine Demo anzumelden) bedeutet allerdings, den Staat und seine dazugehörigen Organe nicht nur Raum durch Kommunikation zu geben, sondern ihn durch die Befolgung der Regeln sogar zu akzeptieren. Das ist völlig widersprüchlich zu einer Anti – staatlichen Haltung, weswegen wir die Anmeldung der Kundgebung und Demo selbst sehr kritisch sehen und unsere dargestellten Überlegungen in nachfolgende Aktionen einbinden werden.

Nicht zuletzt auch weil uns trotz Anmeldung die Bullen auf dem Weg zum Knast zwischenzeitlich nervten. Angeblich, weil wir für ihr Empfinden „zu viele“ bullenfeindliche Songs spielten. Auch vorm Knast wollte uns ein Typ vom Ordnunsgamt nicht mehr sichtbar für die Gefangenen positionieren. Nachdem wir uns seiner Anweisung allerdings widersetzen, also an der Stelle blieben, wo wir waren und Bullen und Ordnungsamt ignorierten, konnten wir mit unseren Redebeiträgen die Gefangenen erreichen. Viele von ihnen schrien uns vom Knast aus zu, hörten uns also offensichtlich. Auf der Kundgebung ist außerdem spontan ein Video mit dem erst vor 3 Tagen entlassenen Fabian Waterstraat entstanden. Als Soligruppe ist es uns wichtig, vor allem Gefangene und Ex-Gefangene sprechen zu lassen. Wir nehmen die Rolle des Sprachrohres ein, wenn es nötig ist, bevorzugen es aber, wenn (Ex-) Gefangene selbst zu Wort kommen. Fabian war es in dem Zusammenhang wichtig, Menschen draußen zur Solidarität aufzurufen. Hier geht es zum Video.

Über die Anmeldung frustriert und den Kontakt zu Gefangenen suchend (welcher auch illegalisiert wurde), zogen wir nach der Kundgebung spontan um den Knast – auch hier konnten wir die Gefangenen gut sehen, ihnen zuwinken und rufen. Bullenbegleitung war zwar vor Ort, allerdings schienen sie selbst wenig Lust zu haben, uns anzuhalten und uns eine Ordnungswidrigkeit aufzudrücken. Schade war, dass einige an der Kundgebung und Demo zum Knast Teilnehmende die Sponti nicht wahrnahmen. Das bestätigte uns in der Annahme, dass einige Aktivist*innen an unangemeldeten Aktionen nicht teilnehmen wollen. Positiv war dafür umso mehr der Kontakt mit den Gefangenen. Aus den Zellen hörten wir viel Zuspruch und jubelnde Rufe.

Aus unserer ungewollten und staatsbeugenden kurzfristigen Demoanmeldung in Neumünster werden wir lernen. Wir ziehen aus beiden Veranstaltungen in Rostock und Neumünster nicht nur trotz, sondern auch wegen der Widersprüche, Kraft und rufen alle Menschen draußen dazu auf, sich mit unterschiedlichsten Aktionsformen ebenfalls solidarisch mit Gefangenen zu zeigen. Informiert euch über die Zustände hinter Gittern, organisiert euch dagegen und lasst uns gemeinsam gegen Knäste kämpfen!